Thursday, April 26, 2012

200 Jahre jüdische Geschichte in Rössing (5)


Lockerung der Judengesetze in der Franzosenzeit und bleibende Familiennamen

Während der französischen Revolution, schon 1789 auf der Nationalversammlung, wurde für die Juden als Staatsbürger die rechtliche Gleichstellung gefordert und durch die Emanzipationsakte in Frankreich auch gesetzlich verankert. Als während der französischen Okkupation große Teile des Kurfürstentums Hannover dem kurzlebigen Königreich Westfalen (18O7-1812) angegliedert wurden, erhielten auch die hannoverschen Juden die bürgerliche Gleichstellung. Die alten hannoverschen Judengesetze wurden aufgehoben, der Grunderwerb gestattet und die Schutzbriefe sowie der diskriminierende Leibzoll wurden abgeschafft.

Obwohl durch das Dekret vom 27. Januar 1808 allen Juden dieselben Rechte wie den andern Bürgern eingeräumt wurden, mußten die Juden in Hannover das ihnen von der alten Landesregierung auferlegte Schutzgeld weiter zahlen. Ein diesbezügliches Protestschreiben wurde von der französischen königlich-westfälischen Präfektur in Kassel abgeschmettert.

„Das Schutzgeld gehört zu den Dotationen, die dem Kaiser der Franzosen nach der Okkupation des Kurfürstentums Hannover zustehen und die dieser an König Jerôme von Westfalen abgetreten hat.“

Am 31.März 1808 wurde außerdem verfügt, daß die Juden binnen 3 Monaten bleibende Familiennamen annehmen sollten. Bis dahin führten sie in der Regel nur ihre alttestamentarischen Vornamen. Das westfälische Namensedikt wurde im Benehmen mit den Juden des Landes entwickelt, die sich einmütig für bleibende Familiennamen ausgesprochen hatten. Die Namenwahl war grundsätzlich freigestellt, anders als in Frankreich waren auch jüdische Namen und Vornamen erlaubt. (3)

Aber als nach dem Ende der Fremdherrschaft Hannover 1814 Königreich wurde, setzte es sofort, noch vor dem Ende des Wiener Kongresses, seine aus dem 18. Jahrhundert stammenden kurfürstlichen Judengesetze - mit Ausnahme des Leibzolls - wieder in Kraft, erneuerte damit die Institution des Schutzjudentums und setzte seine restriktive Judenpolitik fort.

Von 1828 bis 1833 sammelten die Landdrosteien statistisches Material über die Lage der jüdischen Bevölkerung. Ihr Anteil betrug 0,6% im Königreich. Außer ländlichen Handelsleuten, Schlachtern und kleinen Gewerbetreibenden gab es nur einen jüdischen Juristen, einen Arzt und einen Tierarzt, und die Altstadt von Hannover verfügte noch, wie die Stadt Osnabrück, über das Privileg des non tolerandi Judaeos. (4)

Quellen
  1. Dr. jur. Abraham Löb, Frankfurt 1908: Rechtsverhältnisse der Juden im ehemaligen Königreiche und der jetzigen Provinz Hannover
  2. M. Zuckermann, Hannover 1912 Kollektanea zur Geschichte der Juden im Hannoverland
3) Niedersächsisches Jahrbuch 1993, Wolfgang Marienfeld, S. 275 ff
4) Niedersächsisches Jahrbuch 1992, Uwe Eissing S. 289

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