Lockerung der Judengesetze in der Franzosenzeit und bleibende Familiennamen
Während
der französischen Revolution, schon 1789 auf der
Nationalversammlung, wurde für die Juden als Staatsbürger die
rechtliche Gleichstellung gefordert und durch die Emanzipationsakte
in Frankreich auch gesetzlich verankert. Als während der
französischen Okkupation große Teile des Kurfürstentums Hannover
dem kurzlebigen Königreich Westfalen (18O7-1812) angegliedert
wurden, erhielten auch die hannoverschen Juden die bürgerliche
Gleichstellung. Die alten hannoverschen Judengesetze wurden
aufgehoben, der Grunderwerb gestattet und die Schutzbriefe sowie der
diskriminierende Leibzoll wurden abgeschafft.
Obwohl
durch das Dekret vom 27. Januar 1808 allen Juden dieselben Rechte wie
den andern Bürgern eingeräumt wurden, mußten die Juden in Hannover
das ihnen von der alten Landesregierung auferlegte Schutzgeld weiter
zahlen. Ein diesbezügliches Protestschreiben wurde von der
französischen königlich-westfälischen Präfektur in Kassel
abgeschmettert.
„Das Schutzgeld
gehört zu den Dotationen, die dem Kaiser der Franzosen nach der
Okkupation des Kurfürstentums Hannover zustehen und die dieser an
König Jerôme von Westfalen abgetreten hat.“
Am
31.März 1808 wurde außerdem verfügt, daß die Juden binnen 3
Monaten bleibende
Familiennamen annehmen
sollten. Bis dahin führten sie in der Regel nur ihre
alttestamentarischen
Vornamen.
Das westfälische
Namensedikt
wurde im Benehmen mit den Juden des Landes entwickelt, die sich
einmütig für bleibende Familiennamen ausgesprochen hatten. Die
Namenwahl war grundsätzlich freigestellt, anders als in Frankreich
waren auch jüdische Namen und Vornamen erlaubt. (3)
Aber
als nach dem Ende der Fremdherrschaft Hannover 1814 Königreich
wurde, setzte es sofort, noch vor dem Ende des Wiener Kongresses,
seine aus dem 18. Jahrhundert stammenden kurfürstlichen Judengesetze
- mit Ausnahme des Leibzolls - wieder in Kraft, erneuerte damit die
Institution des Schutzjudentums und setzte seine restriktive
Judenpolitik fort.
Von
1828 bis 1833 sammelten die Landdrosteien statistisches Material über
die Lage der jüdischen Bevölkerung. Ihr Anteil betrug 0,6% im
Königreich. Außer ländlichen Handelsleuten, Schlachtern und
kleinen Gewerbetreibenden gab es nur einen jüdischen Juristen, einen
Arzt und einen Tierarzt, und die Altstadt von Hannover verfügte
noch, wie die Stadt Osnabrück, über das Privileg des non
tolerandi Judaeos.
(4)
Quellen
- Dr. jur. Abraham Löb, Frankfurt 1908: Rechtsverhältnisse der Juden im ehemaligen Königreiche und der jetzigen Provinz Hannover
- M. Zuckermann, Hannover 1912 Kollektanea zur Geschichte der Juden im Hannoverland
3) Niedersächsisches
Jahrbuch 1993, Wolfgang Marienfeld, S. 275 ff
4) Niedersächsisches
Jahrbuch 1992, Uwe Eissing S. 289
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