Monday, January 30, 2012

Die Herren von Rössing (3)

Der Bau des Schlosses 1579-89


Bei einer Erbteilung im Jahre 1577 erhält Ludolph von Rössing als der jüngere von zwei Brüdern den Rittersitz Rössing mit Kirchenpatronat, Gericht und sonstigen Zubehörungen und die Hälfte der auswärtigen, zu Rössing gehörenden Einkünfte. Er heiratet 1579 Anna von Stöckheim und beginnt mit dem Bau des Wasserschlosses. Daran erinnert noch das Allianzwappen am steinernen Portal des östlichen Flügels. Er hatte namhafte Geldmittel in Kriegsdiensten für den spanischen sowie für den französischen König erworben, die ihm die Errichtung des Schlosses in Rössing ermöglichen.
Gleichzeitig mit Rössing baut Ludolph nach fast demselben Plan, nur aufwendiger mit einem großen Rittersaal, den dreigeschossigen Bunten Hof in Osterwieck, eine der von Rössingschen Besitzungen.
Die beiden rechtwinklig zueinander stehenden Gebäude der zweiflügeligen Rössinger Anlage sind erbaut im Stil der Weserrenaissance, allerdings wesentlich einfacher als die bekannteren Bauten dieser Epoche. Sie sind verbunden durch einen Fachwerkturm mit einer glockenförmigen, welschen Haube. Der westliche Flügel ist mehrfach umgebaut und vergrößert worden und erhält ca. 1910 eine sandsteinerne, historistische Westfassade. Der besondere Reiz der Anlage liegt in den umlaufenden Gräften, von denen die eine vollständig und die andere noch als Teich vorhanden ist. Die Zugbrücke über den recht breiten Schloßgraben wird 1821 durch eine steinerne Bogenbrücke ersetzt.


 Die weitere Entwicklung des Adeligen Gutes

Im 18. Jahrhundert verfügt die Familie von Rössing noch über einen sehr umfangreichen Lehnsbesitz. Aber sämtliche Lehnsvettern geraten wegen Verschuldung in Prozesse, die 1713 sogar eine kaiserliche Kommission beizulegen versucht. Als Folge dieser Erbstreitigkeiten gehen die Halberstädtischen Besitzungen Berssel, Suderode und Osterwieck der Familie verloren. Als sich die Anzahl der Lehnsvettern 1724 verringert hat, werden die Nutzungsrechte des Rittersitzes in Elftel aufgeteilt.

Louis von Rössing (1790 – 1856) war der Ur-Ur-Großvater des jetzigen Seniors der Familie, Gerhard Freiherr von Rössing und von Hugo. Er war Offizier in der Königlich-Deutschen-Legion, in der Georg III die Reste der durch die Franzosen 1806 aufgelösten hannoverschen Armee gesammelt hatte. Er war bei der Schlacht von Waterloo 1815 dabei und verläßt 1833 als Oberstleutnant den aktiven Dienst, um die Bewirtschaftung des Gutes in Rössing selbst zu übernehmen. Er bringt es fertig, diesen zersplitterten, verschuldeten Rittersitz in eins der ansehnlichsten Güter der Region umzuwandeln. Zu Hilfe kommt ihm, daß er durch die Agrarreform die Ablösungsgelder der Bauern erhält.
Er wirtschaftet sehr erfolgreich, unterstützt von seiner Frau, der legendären Ahnfrau Levine, geb. Freiin von Dincklage. Sie steigt im Sommer und Winter morgens in den Schloßgraben, um sich abzuhärten, auch wenn ihr der Kutscher das Eis vorher aufhacken muß, offenbar mit Erfolg, denn sie bringt 13 gesunde Kinder zur Welt. Reste ihres Badehäuschens hat man 1993 bei der Entschlammung des Schloßgrabens noch gefunden. Sie kümmert sich um die Alten und Kranken im Dorf und unterstützt die Einrichtung einer Spinnschule für Mädchen und verschafft ihnen Aufträge.
Der älteste Sohn des Ehepaares Alexander war Jurist und erlangte vom König von Preußen 1872 den Freiherrentitel für die Familie, nachdem 1866 das Königreich Hannover zu einer preußischen Provinz geworden war.

Als der Vater des jetzigen Betriebsinhabers Gerhard von Rössing und von Hugo 1954 den Betrieb übernahm, arbeiteten noch 18 Männer und 25 Frauen ständig auf dem Hof.
Seit 1995 führt der Sohn, Kurt-Alexander, die Tradition fort und bewirtschaftet den Hof weiter. Die ökonomischen Verhältnisse und Betriebsformen haben sich entscheidend geändert und die weitaus größte Arbeitslast liegt auf den Schultern des Betriebsinhabers. Die enge Zusammenarbeit mit den Bauern im Ort und die gemeinsame Nutzung und Auslastung der teuren Maschinen soll das Überleben der wenigen Landwirte gewährleisten.

Das Schloß wird derzeit von drei Generationen der Familie von Rössing bewohnt.
Es steht unter Denkmalsschutz und seine Erhaltung erfordert viel Einsatz von der traditionsbewußten Familie. Aber sie fühlt sich nicht nur der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart verpflichtet. Die Mutter des jetzigen Gutsherrn, Madeleine Frfr. von Rössing arbeitet schon viele Jahrzehnte ehrenamtlich für das Deutsche Rote Kreuz. Ihr Sohn, Alexander Frh. von Rössing, ist im Rat der Samtgemeinde Nordstemmen vertreten und seine Ehefrau Tita ist schon mehr als fünf Jahre sehr engagierte Ortsbürgermeisterin in Rössing.

Quellen:
August Freiherr von Rössing: “Die Stammtafeln des Geschlechts derer von Rössing“, . Gerstenberg, Hildesheim 1900

Armgard von Reden Dohna: „Die Rittersitze des vormaligen Fürstentums Hildesheim“ Barton`sche Verlagsbuchhandlung Göttingen 1995

Die Herren von Rössing (2)

Machtausdehnung der Welfen

1519 bricht die Hildesheimer Stiftsfehde aus, zunächst ein Konflikt zwischen Fürstbischof Johann IV. und dem Stiftsadel. Etwa 20 adlige Ritter um die von Saldern, zu denen auch die Herren von Rössing gehören, verbünden sich und verweigern die Rückgabe der vom Bischof an Adel und Ritterschaft verpfändeten Güter und Ländereien, die dieser wegen seiner schlechten finanziellen Lage einlösen will. Die anfangs lokale Auseinandersetzung entwickelt sich zu einem offenen Krieg der niedersächsischen Territorialfürsten. In der großen Schlacht bei Soltau am 28. Juli1519 bleibt das Hochstift militärischer Sieger.
Aber der neugewählte Kaiser Karl V. in Wien fällt eine völlig andere Entscheidung.
Über Bischof Johann wird 1522 die Reichsacht verhängt und 1523, beim Friedensschluß im Quedlinburger Rezeß, wird das Fürstbistum Hildesheim bis auf die drei Ämter Peine, Steuerwald, Marienburg und die Domprobstei völllig zerschlagen und auf die angrenzenden welfischen Fürstentümer aufgeteilt.

Rössing wird dem Fürstentum Calenberg zugeordnet. Es wird auch bei der Restitution des Stiftes 1643 nicht wieder zurückgegeben.
Herzog Erich der Ältere läßt  nicht nach, seinen persönlichen Machtbereich, sein „Hausgut“ durch Grunderwerb am Calenberg zu erweitern. 1527 und 1532 kauft er den Herren von Rössing große Teile ihres erblichen Eigenbesitzes ab. Er übt ziemlichen Druck auf seine Nachbarn aus, obwohl er die erforderlichen  Summen nicht aufbringen kann. Immer wieder werden Zinszahlungen angemahnt, bis ein Teil der gekauften und nicht bezahlten Ländereien wieder zurückgegeben werden muß.(1)



Die Herzogliche Vogtei und das Patrimonialgericht der Herren von Rössing

Herzog Erich d. Ältere erwirbt 1537 die Pfandschaft über das bisher vom Kloster Helmarshausen an das Godehardikloster verpfändete Meierding in Rössing mit Vogtei und Gericht. So wird ihm die Hälfte der Rössinger Bauern zehnt- und dienstpflichtig und untersteht seiner Gerichtsbarkeit.

Schon als das Godehardikloster das Meierding im Pfandbesitz hatte, gab es ständig Streit mit den Herren von Rössing um die Gerichtsbarkeit, die diese sich im Dorf nicht nehmen lassen wollten. Das ging so weit, daß Siegfried und Friedrich von Rössing im Jahr 1516 wegen Nichterscheinen zu Gerichtsterminen mit dem Godehardikloster vom Gericht der Benediktinerklöster in Erfurt exkommuniziert wurden.

Das Amt Calenberg setzt für seinen Gerichtsbezirk in Rössing einen Untervogt, später einen Amtmann ein. Dieser ist auch Steuereinnehmer und versieht Verwaltungsaufgaben und Registratur.


Konflikte vorprogrammiert.

Die Herren von Rössing verbleibt die andere Hälfte des Dorfgerichts als „geschlossenes Adeliges Untergericht“ mit patrimonialem Charakter. Aber daß adelige Gerichtssassen und herzogliche Amtsuntertanen neben- und durcheinander wohnen, gibt es einzig in Rössing und da sind Konflikte natürlich vorprogrammiert. Prozesse sind an der Tagesordnung und die Akten darüber füllen Bände. (2)
Denn die Gerichtshoheit ist nicht nur ein wichtiges Herrschaftsindiz der Territorialstaaten, sondern sie hat auch handfeste materielle Hintergründe, weil die Strafgelder dem Gerichtsherrn zufallen.
Die Dorfsassen des geschlossenen Untergerichts werden im Gegensatz zu denen eines ungeschlossenen in keinen Amtslagerbüchern, Registern und Katastern des Amtes geführt, sondern nur beim Adeligen Gut. Die Herren von Rössing empfangen ihre Anweisungen wie zum Beispiel über Kriegssteuern oder sonstige Anordnungen direkt von der Regierungskanzlei, ohne die Zwischenschaltung subalterner Beamter.


Zwei Gerichtshoheiten in Rössing

Differenzen durch die doppelte Gerichtsbarkeit im Dorf bleiben nicht aus. So beschwert sich Ludolph von Rössing 1654 in einem Schreiben an den Amtmann von Calenberg, weil zwei seiner Leute wegen etlicher Feldbrüche auf dem Calenberger Landgericht erscheinen sollen. Da von jeher: die gesamten Rössingschen Herrenleute niemals zum Calenbergischen Landgericht gezogen, sondern alles, was an dieser Seite der Zollbrücke (an einem alten Leinearm bei Calenberg) verwirket, auf das Rössingsche Gericht gehöre, und weil den Herren von Rössing die Hälfte des Strafgeldes zustehe, wahre er seine Rechte, um aller Neuerung vorzubauen und in seinem Rechte unbetrübt zu bleiben.

Die Jurisdiktion auf den Straßen von Rössing ist ein weiterer Streitpunkt. Höchstens auf des Herzogs Hildesheimer Heerstraße erkennen die Herren von Rössing sie an. Die Gäßchen in Rössing verdienten den Namen Straße nicht, sie führten nur zu einigen Bauernhäusern und so jagt man sich dort gegenseitig die Verbrecher ab.

Wie dem von Rössingschen Schäfer Steinwehe einmal ein Hammel gestohlen wird, ertappt man den Täter und verfolgt ihn. Die Gutsleute greifen ihn samt dem corpus delicti im Dorf und setzen ihn im Haus des Schäfers auf gutseigenem Hofe fest. Bevor der Täter, wie es der Rechtsbrauch ist, für drei Tage auf dem adeligen Hof ins Gefängnis gesetzt werden kann, holt ihn der Vogt mit Gewalt auf den Calenberg. Eigentlich müßte er nach drei Tagen Gutskarzer und Meldung beim Amt auf Verlangen desselben ordnungsgemäß zwischen den beiden Brücken (der Rössingbachbrücke und der Schloßgrabenbrücke) übergeben werden. Wieder ist ein Protestschreiben fällig.

Oft trifft es auch die kleinen Leute. Wie der Gutsuntertan Wintel 1768 heiraten will, wird beim Gut der Manntaler fällig. Auch der Ehedispens wird dort kostenlos ausgestelt. Trotzdem verlangt der Amtsvogt Rothard noch 2 Taler und 31 Mariengroschen, weil sich die Braut bei der Verlobung im Hause eines Amtsuntertanen aufgehaltenhat. Der Ehedispens sei ganz mit Fett oder Tran vollgeschmiert und er erkenne ihn nicht an. Von Rössing beschwert sich bei der Königlichen Justizkanzlei, daß die Landesgesetze ausdrücklich verordnet haben, die Armut nicht über Billigkeit zu beschweren und daß für eine Ehestiftung nicht mehr als 1 Reichstaler genommen werden soll. Außerdem versuche der Vogt Rothard „überall Geld zu erhaschen.“
Aber er wird abgewiesen.
Diese Zweiteilung der Dorfschaft dauert bis zum Jahr 1821, als die hannoversche Regierung die Auflösung des Adeligen Gerichts verfügt und beide Gemeindeteile 1829 unter calenbergischer Verwaltung vereinigt werden. Die Herren von Rössing werden wiederholt aufgefordert, die Akten und Registratur des Adeligen Gutes, bzw. seiner Untertanen an das Amt Calenberg abzuliefern; diese wurden dort und nicht beim Amt geführt. Aber allem Anschein nach ist das nicht geschehen, denn wiederholt werden die Deposita angefordert. Die Aktenlage über die gutspflichtigen Bauern ist, wohl auch deshalb, sehr schlecht.


Quellen:
(1) NHSA Sign. Cal Or Des 24 neu Nr 45 ff.
(2) NHSA Hann. 74 Cal Nr 293 - 298





























Monday, January 23, 2012

Die Herren von Rössing ( 1)

Nach Familienüberlieferung leben sie seit 1039 in Rössing, urkundlich bezeugt seit 1132 und heute noch, nach bald 1000 Jahren, ist die Familie an dem Ort ansässig, nach dem sie sich nennt.
Hier hatte die Familie ihren Rittersitz mit Ländereien und gutspflichtigen Leuten. Die Männer standen als Ministeriale in Diensten der Hildesheimer Bischöfe und erhielten von diesen umfangreichen Lehnsbesitz mit zahlreichen zehnt- und dienstpflichtigen Bauern in Rössing und anderen Teilen des Bistums. Die Lehnsgüter wurden im Mittelalter adeligen „Lehnsmannen“ verliehen gegen persönliche, nicht bäuerliche Leistungen, z.B. ritterliche Gefolgschaftsdienste. Sie sollten der Familie ein standesgemäßes Auskommen sichern. Die Herren von Rössing besaßen die Patrimonialgerichtsbarkeit, also die niedere Gerichtsbarkeit „über Haut und Haar", sie hatten das Mühlen-, das licentfreie Braurecht und das Kirchenpatronat, denn nach Überlieferung hatten sie die Kirche St. Peter und Paul auf eigenem Grund und Boden um 1290 gestiftet.

Ein Dorf zwischen zwei Rivalen

Die Geschichte Rössings ist geprägt von seiner Lage an der westlichen Grenze des Fürstbistums Hildesheim. An der Leine saßen die welfischen Herzöge, die noch nie zimperlich waren, wenn es darum ging, ihre Machtposition auszubauen, auf ihrer 1290 dort provokativ errichteten Feste Calenberg. Bei ihren ständigen Versuchen, ihren Machtbereich gegen die Hildesheimer Bischöfe nach Osten hin zu erweitern und ihre Grenznachbarn, die Herren von Rössing, aus ihren Besitzungen auszukaufen und zu verdrängen, setzt ihnen das selbstbewußte Rittergeschlecht erheblichen Widerstand entgegen, nach dem Wahlspruch:

                             Wer Gott vertraut, brav um sich haut,
                             der hat auf keinen Sand gebaut.


Ritter Lippold III Longus von Rössing

Eine besonders hervorstechende Persönlichkeit in der Geschichte dieser adeligen Familie war Ritter Lippold III Longus von Rössing. Er war ein Mann seiner Zeit, der Zeit der mittelalterlichen Fehden. Die Fehde galt als legitimes Mittel, sein Recht, oder auch nur sein vermeintliches Recht, nach schriftlichem Fehdebrief durchzusetzen.
1331 verpflichtet sich Lippold III schriftlich für fünf Jahre dem Rat der Stadt Hildesheim zum Kriegsdienst mit Knechten und Pferden, mit Rüstungen und Waffen. Dafür muß ihm die Stadt jährlich 100 lötige Mark zahlen. Sollte er gefangen werden, muß die Stadt für ihn das Lösegeld aufbringen.
Am 11. November 1333 fordert Lippold III Longus in einem Beschwerdebrief seinen Anteil an der im Krieg gemachten Beute. Dazu gehört, was Bürger und Ritter bei dem Überfall auf die Dammstadt in der Weihnachtsnacht 1332 erbeutet haben, dem schwärzesten Blatt der Hildesheimer Stadtgeschichte: Erwachsene wie Kinder, und auch der Priester waren in der Kirche niedergemetzelt worden.

Lippold  und sein Sohn Geverd errichten 1342 eine Burg, ein festes Haus (Kemenate und Wohnung) in Rössing, wie sie schriftlich versichern müssen: „zum Schutz der Herzöge“. Dem welfischen Herzog Heinrich wird die Burg aber lästig, er zerstört sie 1431 und verbietet den Wiederaufbau. Gestattet werden nur Gebäude für Wohn- und Wirtschaftszwecke.
Lippold III war dreimal verheiratet und gelangte durch eine seiner Heiraten an die „Herrschaft Hohenbüchen“ bei Alfeld, die später veräußert wird. Er war zweifellos ein mächtiger Mann, und um ihn rankt sich die Sage vom Räuber Lippold.


Ehrenvolle Ämter

Die Herren von Rössing sind aber nicht nur Ritter, die Kriegsdienste leisten, sondern. mehrere Familienmitglieder erwerben das hoch angesehene Amt des Domscholasters und werden Leiter der berühmten Hildesheimer Domschule. Andere sind Domherren, und im Jahre 1398 erhalten Siverd und Dietrich von Rössing das erbliche Marschallamt im Bistum Halberstadt, zugleich mit Gütern in Berssel und Suderode. Der Titel Erbmarschall für den Senior der Familie war bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich.
Siverd steigt 1415 zum Kaiserlichen Reichsvoigt der Silberstadt Goslar auf, was sein Ansehen noch erheblich stärkt.

Wenn Herzog Erich d.Ä. den Herren von Rössing 1506 auch das ehrenvolle, erbliche Hofamt des Erbkokenmeisters (Erbküchenmeisters) mit all seinen Einkünften verleiht, so sind die von Rössing doch selten in hannoverschen Diensten zu finden, sondern engagieren sich lieber in Kurbrandenburg und Preußen, wo sie Offiziere werden oder in hohe Staatsstellungen aufsteigen.

Friday, January 13, 2012

Rössing

Aus der Geschichte eines alten Dorfes

Viele Dörfer in den Altsiedellandschaften des Calenberger Landes feierten um die Jahrtausendwende ihr 900- , 1000- oder gar 1111jähriges Bestehen. Auch die Rössinger haben das ganze Jahr 2000 hindurch mit vielen Veranstaltungen den 1150sten 'Geburtstag' ihres Dorfes gebührend gefeiert.

Das Alter einer Ortschaft rechnet man vom Zeitpunkt ihrer ersten urkundlichen Erwähnung an. Natürlich war der Ort Rössing, bevor die Ansiedling aktenkundig wurde, bereits bewohnt. Die älteste schriftliche Überlieferung finden wir in der älteren Reihe der Corveyer Traditionen, die zwischen 822, dem Gründungsjahr der Benediktinerabtei in Corvey an der Weser, und 877 entstanden sind. Diese Schriften enthalten einfache, undatierte Verzeichnisse der dem Kloster übereigneten Grundstücke und Ländereien in lateinischer Schrift. Der Geber und seine Gaben werden genannt, Personen, in deren Interesse die Schenkung erfolgte, und eine Reihe Zeugen. Die Schenkung selber fand als symbolischer Akt statt - durch die Übergabe eines Zweiges oder eines Rasenstücks.

Doch diese Corveyer Traditionen sind im Original nicht mehr erhalten. Sie zerfielen und vermoderten im Laufe von über tausend Jahren. So ist die älteste Überlieferung des Namens Rössing 'nur' in einer Abschrift enthalten, die der Priester und Kreuzherr Johannes von Falkenhagen im Jahre 1479 angefertigt hat. Dieses mit großer Sorgfalt ausgeführte Dokument stellt die wertvollste Unterlage der derzeitigen historischen Untersuchungen dar.

Rössing ist darin in unterschiedlicher Schreibweise zweimal verzeichnet. Denn der Schreiber hat die abgeschriebenen alten Ortsnamen zusätzlich in der Schreibweise des 15. Jahrhunderts am Rande des Dokuments ausgeworfen. So steht für das alte rotthingun am Rande rotthingen. Und bei der zweiten Eintragung heißt es im Text hrottingun und am Rande rottingen - was sich exakt mit der Schreibweise für Rössing in damaliger Zeit deckt.

Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen kann man das Jahr 850 – also die Mitte zwischen 822 und 877 - als den Zeitpunkt annehmen, an dem Rössing urkundlich gegründet sein muss. Die Feiern zum 1150 jährigen Bestehen von Rössing im Jahr 2000 fanden also auf quellensicherem geschichtlichem Boden statt.

Quelle: Staatsarchiv Münster, Corvey-Akten Nr. 1419