Thursday, April 26, 2012

200 Jahre jüdische Geschichte in Rössing (7)


Ein Diebstahl auf dem Schloß


Die ältesten Judenakten in Rössing befassen sich mit einem Eigentumsdelikt.

1757 wurde ein namentlich nicht genannter Jude beim Diebstahl von silbernen Tressen auf dem adeligen Gute ertappt. Er war geständig und gab die gestohlenen Tressen auch sogleich zurück. Es war die Zeit des Siebenjährigen Krieges, das Kurfürstentum Hannover war von den Franzosen besetzt und auch in Rössing lag Einquartierung.

Bei dem Übeltäter handelte sich um einen hier angesessenen Juden und Herr F.L. von Rössing als Guts- und gleichzeitig Gerichtsherr sperrte den Übeltäter für drei Tage im Hundestall ein, der als Karzer diente. Danach ließ er ihn laufen und betrachtete die Angelegenheit damit als erledigt.

Aber der Gerichtsvogt der Gemeinde, G.W. Rothard, erstattete über die Angelegenheit postwendend schriftlichen Bericht auf dem Calenberg. Offenbar stand er in persönlicher Feindschaft zu dem Patrimonialgerichtsherrn. Das zeigt die sehr aggressive Form, die in all seinen diesbezüglichen Schriftstücken hervorsticht. Er war der Meinung, Herr von Rössing hätte kein Recht gehabt, den Delinquenten eigenmächtig zu entlassen. Vielmehr hätte er ihn nach drei Tagen „zwischen den beiden Brücken" (Schloßgraben und Rössingbachbrücke) dem Calenberger Gericht übergeben müssen, damit dieser vom Amtsgericht ordentlich abgestraft würde.

Allein die arglistigen Inhabers des Rössingschen Niedergerichts
versuchen öfters bei ein und den anderen Veränderungen, ob sie durch
dergleichen Einschleichung sich verbreiten können."

F.L von Rössing wurde vom Amt um Stellungnahme gebeten.
Seine Antwort:

Da der hier eingesessene Jude, als man ihn ertappte, die Silbertressen, die er in den Händen hielt, sogleich zurückgegeben hat, ist er nicht wegen Diebstahls, sondern nur wegen ungebührlicher Aufführung mit drei Tagen Hundezwinger bestraft. So habe ich mich auch nicht eines Eingriffs in die Königliche Jurisdiktion schuldig gemacht.“

Vereinzelt in den Dörfern lebende Juden hielten sich mit Vorliebe unter den „Adeligen Gerichtsherrn“ auf, weil sie dort meistens nicht die volle Härte der offiziellen restriktiven hannoverschen Judenpolitik traf.

Quelle: NHSA, Sign. Hann 74, Cal Nr. 295

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