Thursday, April 26, 2012

200 Jahre jüdische Geschichte in Rössing (3)


Berufsbeschränkungen der Juden

Ein reguläres Handwerk durften die Juden weder erlernen noch ausüben, denn die Zünfte waren ihnen verschlossen. Die Handwerkergilden, die Zünfte und Innungen basierten auf den christlichen Bruderschaften des Mittelalters, und ihr Brauchtum war stark christlich geprägt. Mit der Zunftverfassung konnte eine "durch Religion und Sitte ganz verschiedene Sekte" kaum in Übereinstimmung gebracht werden.

Schlachten

Das Schlachten war ihnen zum eigenen Verbrauch erlaubt, aber z.T. auch zum Verkauf an Christen. Ihr jüdischerGlaube gestattete ihnen, nur Fleisch von geschächteten Tieren zu essen.

Dieses Schächten ist eine rituelle Schlachtung makelfreier (koscherer) Tiere. Nach den jüdischen Speisegesetzen sind dies wiederkäuende Paarhufer wie Rind, Schaf, Ziege oder Hirsch. Es wird von einem Schächter, einem Kultbeamten durchgeführt. Dieser führt mit einem langen, scharfen Messer einen raschen Querschnitt durch Halsschlagader, Speise- und Luftröhre des Tieres, wodurch eine volle Ausblutung erreicht werden soll. Eine vorherige Betäubung des Schlachttieres war religionsgesetzlich unzulässig.

In Deutschland wurde das Schächten durch das Gesetz vom 21.4.1933 verboten, weil es dem deutschen Tierschutzgesetz widerspricht. Durch Verordnung wurde es 1946 und 1947 von den Alliierten Militärregierungen wieder zugelassen. Eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung steht auch heute noch aus und es wird in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt.

Handel und Geldgeschäfte

Die organisierten Kaufmannschaften waren ihnen verschlossen.
Die Juden durften mit alten und einigen neuen Waren handeln, so weit nicht die Privilegien der Zünfte oder der Bürgerschaft dagegen standen. Als „Trödeljuden" hielten sich viele über Wasser. Der Hokenhandel, der Kleinhandel, war ihnen erlaubt. Gewohnheitsmäßig kamen auf dem Lande der Vieh-, Getreide- und Pferdehandel dazu, sowie Geld- und Wechselgeschäfte.

Vor allem der Geldverleih lag in den Händen der Juden, den das kirchliche Zinsverbot den Christen untersagte. Sie hatten das Privileg, von Darlehen Zinsen zu nehmen und das Recht, verpfändete oder verkaufte Sachen bis zur Zahlung zurückzubehalten. Einige Juden kamen dadurch zu erheblichen Vermögen und wurden wegen ihrer Geschicklichkeit in Gelddingen von den stets finanzschwachen Fürsten an ihre Höfe gezogen.

Einer von diesen war der bekannte Joseph Süß-Oppenheimer (1692-1738), der von Herzog Karl Alexander von Württemberg zum Geh. Finanz-und Staatsrat ernannt wurde. Durch Münzmanipulationen und Verkauf von Ämtern, Titeln und Privilegien erschloß er dem geldbedürftigen Herzog immer neue Geldquellen. Die Beamtenschaft und die Landstände zwangen dem Herzog kurz vor seinem Tode den Haftbefehl gegen Süß-Oppenheimer ab, der in einem anfechtbaren Verfahren zum Tode verurteilt wurde. Seine Lebensgeschichte diente als Vorlage für den im Dritten Reich gedrehten Film „Jud Süß.“

Geisteswissenschaften


Öffentliche Ämter und Würden im Militär- und Zivilstand waren ihnen bis zur Emanzipation der Juden im 19. Jahrhundert nicht zugänglich, obwohl das in den verschiedenen deutschen Fürstentümern auch unterschiedlich gehandhabt. wurde. Die Universitäten standen ihnen offen und es gab jüdische Ärzte und Advokaten. Diese Gegebenheiten führten dann im 19. und 2O. Jahrhundert beinahe zwangsläufig in verschiedenen Berufsgruppen, vor allem geistigen und künstlerischen, zu einer Überrepräsentation der Juden im Verhältnis zur übrigen Bevölkerung.

Ein klassisches Beispiel dafür ist die Nachkommenschaft des jüdischen Bankiers und Kammeragenten Leffmann Behrens im 17. Jahrhundert am Hannoverschen Hofe
Er war verheiratet mit Jente Hameln. Diese hatte aus erster Ehe schon sechs Kinder. Aus ihrer zweiten Ehe mit Leffmann Behrens gingen noch einmal drei Kinder hervor.
Diese Kinder hatten sehr berühmte Nachfahren, u.a. Siegmund Freud, die Dichter Heinrich Heine und Carl Sternheim und der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy

Quellen:
Dr. jur.Löb, Abraham:
Rechtsverhältnisse derJuden im ehemaligen Königreiche und der jetzigen Provinz Hannover“, Frankfurt 1908

M: Zuckermann.
„Kollekteana zur Geschichte der Juden im Hannoverland“, Hannover 1912

Jahrbuch des Historischen Vereins 1992, Uwe Eissing S.320 ff

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