Die Schicksale der vier anderen Brüder
Robert Blumenthal
Robert Blumenthal, der vierte der fünf Brüder, hatte einen
kaufmännischen Beruf und lebte einige Zeit in Wiesbaden. Mit seiner Frau Edith
hat er zwei Kinder. Ab Juli 1934 wohnt er wieder in Rössing, am 8.6.1936 zieht
die Familie nach Hannover, wohnt in der
Nordmannstrasse 11. Später lebt die Familie in der Josephstraße 2., in
einem Haus, in dem jüdischen Familien
zusammengezogen werden. Am 15. Dezember 1941 wird die Familie mit dem ersten
Transport, der in einem Vernichtungslager endete, nach Riga verbracht und kommt
dort um.
Quelle: Erinnerungsblatt der Mahn- und Gedenkstätte Ahlem
Willi Blumenthal
Roberts ein Jahr jüngerer Bruder Willi hatte 1933 in eine Schlachterei in Horn (Lippe)
eingeheiratet. Das Ehepaar hat zwei Kinder. Die Kinder und die Mutter sind vom
Terrorregime des NS ermordet worden.
Willi Blumenthal hatte ein besonderes Schicksal.
Er war als KZ-Häftling in Frankreich zum Bau von Befestigungsanlagen
eingesetzt worden und sollte, als er nicht mehr arbeitsfähig war, zusammen mit
seinen Leidensgenossen in Güterwaggons nach dem Osten zur Vernichtung
abtransportiert werden. Irgendwie schaffte er es, sich eine Zange zu
organisieren. Auf dem Weg durch Belgien gelang es ihm, damit den Waggon
aufzubrechen und aus dem fahrenden Zug zu springen. Belgische Bauern fanden und
versorgten ihn, bis die Amerikaner im Frühjahr 1945 einrückten und er befreit
wurde.
Als er sich nach Kriegsende mit seinen Brüdern in den USA in
Verbindung setzt, ermöglichen sie ihm die Ausreise nach Amerika. Er arbeitet
dort wieder als Metzger und heiratet noch einmal. Willi Blumenthal besucht noch
einmal seine Heimat in Rössing, 1983
stirbt er in New York.
Hermann Blumenthal
Er war der zweitälteste der fünf Brüder und nicht
verheiratet. Er wohnt zeitlebens bei der Familie seines ältesten Bruders
Gustav, mit dem ihn eine enge geschäftliche und menschliche Beziehung
verbindet. In Bochum sind sie Inhaber oder Teilhaber eines größeren
Textilgeschäftes oder -kaufhauses und sehr wohlhabend. Nachdem die Nazis sie
enteignet und ihr Geschäft „arisiert“ haben,
eröffnen sie ein kleines Etagengeschäft für Stoffe und Kurzwaren. Als
ihnen am 9. November 1938 auch diese Existenz zerstört wird und sie ins
Konzentrationslager nach Sachsenhausen gebracht werden, schmieden sie, als sie
nach sechs Wochen entlassen werden, notgedrungen Auswanderungspläne.
Hermann erlernt in weiser Voraussicht das Schweißen, um sich
eventuell mit einem handwerklichen Beruf durchzuschlagen - was sich als sehr
nützlich erwies, als ihm im Frühjahr 1940 die Ausreise in die USA nach
Überwindung großer Schwierigkeiten gelingt. Dort findet er wirklich Arbeit als
Schweißer und arbeitet an zwei Stellen, um die Bürgschaften für seinen Bruder
und dessen Familie zusammen zu bringen, damit auch sie in die USA ausreisen
können.
Gustav Blumenthal
Gustav Blumenthal lebte mit seiner Familie in sehr guten
Verhältnissen, bevor der Terror gegen die Juden das glückliche Familienleben
zerstört. Sein Sohn Werner muß als Fünfzehnjähriger Schüler, ebenso wie seine
drei Jahre jüngere Schwester Lore, das Gymnasium verlassen. Er besucht dann
eine „ORT-Schule“ bei Berlin, um eine Schlosserlehre zu machen. Mit Hilfe eines
internationalen Schutzprogramms für gefährdete Jugendliche gelangt er noch vor Beginn des Krieges nach England. Seine
Eltern sieht er erst 1946 wieder. Seine Schwester Lore kommt, ebenfalls mit
einem Kinderschutzprogramm,
vorübergehend nach Holland.
Als sich Gustav Blumenthal, dem Vater, die Chance bietet,
eine Stellung in einem Reisebüro bei Hapag-Lloyd zu bekommen, schafft er es mit
Glück und einem nicht legalen Trick , eine Schiffs-Passage für sich und die
Familie zu erhalten. Im Sommer 1941 reist die Familie in die USA aus und
schwört, niemals im Leben wieder einen Fuß auf deutschen Boden zu setzen – sie
haben diesen Schwur gehalten und können es absolut nicht verstehen, als ihr
Sohn Werner wieder nach Deutschland
zurück will. Sie leben bis zu ihrem Tode in New York. Gustav stirbt 1966 mit 73
Jahren, Hermann 1978 mit 81 Jahren und
Gustavs Frau Erna 1982 mit 87 Jahren.
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