Friday, March 2, 2012

Das Meierding in Rössing (2)

Wechsel der Besitzer

1348 gibt das Kloster die Eigenbewirtschaftung des Meierdings auf und verkauft es auf Lebenszeit an Bodo von Saldern - wahrscheinlich war die Bewirtschaftung wegen der Entfernung zu Helmarshausen zu aufwendig geworden. Nach dem Tod Salderns, als das Meierding wieder an das Kloster Helmarshausen zurückfällt, wird es offenbar an die Familie von Rössing verpfändet. (1)

Über diese Verpfändung selbst sind keine sicheren Unterlagen aufzufinden. Aus einer Urkunde vom Jahre 1417 geht aber zweifelsfrei hervor, daß die Brüder Siverd und Diederich von Rössing Pfandinhaber des Meierdings gewesen sein müssen. Denn das Kloster Helmarshausen kauft es ihnen im Jahr 1417 für 1000 Gulden wieder ab. Das ist das einzige Mal, daß das Meierding in den „Stammtafeln“ der Herren von Rössing genannt wird.(2) Gleichzeitig verpfändet Diderik, der Abt von Helmarshausen, das halbe Meierding für 10 Jahre an Hilmar von Otze, den Probst im Kloster am Moritzberg. Das Godehardikloster Hildesheim zahlt dessen Erben dann nach 10 Jahren die Pfandsumme zurück, und so gelangt eine Hälfte des Amtes oder Meierdings in den Besitz des Godehardiklosters. (3)

In diesem Kaufvertrag wird das Meierding sehr genau beschrieben. Verkauft werden immer noch 22 Hufe, aber nur noch 21 Höfe - 1375 war ein Höriger von seiner Hofstelle entflohen und nicht wieder eingefangen worden; die Hofstelle blieb unbesetzt. Dazu kommt der Amtshof mit 6 Hufen, eine „Kammerhufe“ genannte Hufe und 15 Morgen, das sogenannte Berner Gut. Pauschal aufgeführt werden Wiesen, Weiden und Holzung, die Vogtei und die Gerichtsbarkeit, außerdem 2 Hufe in Bevelte und 5 Hufe in Werbeke, Acker- und Weideland also, das zu zwei, heute untergegangenen Ortschaften in der Nähe von Rössing gehörte und immer schon vom Kloster Helmarshausen zusammen mit dem Rössinger Meierding verpfändet worden war. Durch geschickte Geldgeschäfte erlangt das Hildesheimische Godehardikloster in der folgenden Zeit den Pfandbesitz über das gesamte Meierding. (4)

Das Meierding, ein begehrter Besitz

Nach der Hildesheimer Stiftsfehde, 1519 bis 1523, wird das Stift zerschlagen und unter die angrenzenden welfischen Fürstentümer aufgeteilt. Es bleibt nur das sogenannte „kleine Stift“ übrig, das aus den drei Ämtern Steuerwald, Marienburg, Peine und der Domprobstei besteht. Das Dorf Rössing, an der Westgrenze des Bistums gelegen, wird dem welfischen Amt Calenberg zugeordnet. Herzog Erich d.Ä. nutzt 1526 die Gunst der Stunde und behauptet, seine Vorfahren hätten das Kloster Helmarshausen gestiftet und der Reichsabtei das Rössinger Meierding geschenkt.

Jetzt, wo die Abtei durch die Reformation in Auflösung begriffen ist, macht er durch tätliches Vorgehen Ansprüche an St. Godehard geltend. Der Abt des Godehardiklosters beschwert sich darüber bei Bischof Balthasar - vergebens. Aber er gibt nicht auf und klagt nun beim Kammergericht gegen Herzog Erich d.Ä. wegen gewaltsamer „Absetzung von jenem Amte und Abziehung der zugehörigen Leute vom Godehardikloster in calenbergischen Dienst“. Jetzt kommt sogar Karl V., der Kaiser in Wien, ins Spiel. Am 7. Oktober 1530 erläßt er ein Restitutionsmandat an Herzog Erich d.Ä., der damit gezwungen ist sich zurückziehen bzw. wieder herauszugeben, was er ohne rechtliche Grundlage gewaltsam vereinnahmt hat. (5)
Die Behauptung, daß die Welfen Kloster Helmarshausen gestiftet hätten, ist nachweislich nicht richtig - es war im Jahre 998 von dem Helmarshäuser Grafen Eckhard und seiner Frau Mathilde gegründet worden. Allerdings hatte Heinrich der Löwe eine besondere Beziehung zu diesem Benediktinerkloster, das durch seine Buchmalerei und Goldschmiedekunst berühmt war. Das kostbare Evangeliar Heinrichs des Löwen, das 1983 in der Öffentlichkeit soviel Aufmerksamkeit erregte, weil es wie eine x-beliebige Antiquität von einem Auktionshaus zum Kauf angeboten worden war, es war von dem Mönch Herimann in Helmarshausen hergestellt worden. Heinrich der Löwe war zwar bis zu seiner Verbannung im Jahre 1180 Schutzvogt des Klosters Helmarshausen und seiner Besitzungen gewesen, aber eben nicht sein Stifter. (6)

Herzog Erich d. Ä. erwirbt 1537/38 das Meierding Rössing

1537/38 macht Herzog Erich d.Ä. einen erneuten Vorstoß, um sich das Meierding in Rössing einzuverleiben. Er schaltet sich geschickt ein in einen Streit zwischen dem Godehardikloster und dem durch die Reformation in Auflösung begriffenen Kloster Helmarshausen um das verpfändete Meierding Rössing und erwirbt es für sich selbst. Der Pfandvertrag ist auf 60 Jahre angelegt und enthält eine bezeichnende Einschränkung: nur wenn das Kloster die Bewirtschaftung wieder selbst übernähme, sollte es die Möglichkeit haben, die Pfandschaft nach sechs Jahrzehnten wieder einzulösen. Das aber war aussichtslos, der Pfandvertrag bedeutet also eine Abtretung auf Dauer. (7)

Das Meierding wird nun als Vogtei Rössing dem Amt Calenberg unterstellt und Landesherren sind nicht mehr die Bischöfe von Hildesheim, sondern die Welfenherzöge; auch die Herren von Rössing müssen sie als Lehnsherren anerkennen. Zwar gehörte Rössing zum Amt Steuerwald, das Bestandteil des „Kleinen Stiftes“ gewesen war, aber es wird nach der Wiederherstellung des „Großen Stiftes“, 1643, nicht wieder zurückgegeben. Von nun an gelten die Calenberger Gesetze.


Quellen
  1. Overham VIII, 134.

(2) August Frh. von Rössing: Die Stammtafeln des Geschlechts derer von Rössing
Gebr. Gerstenberg in Hildesheim 1900

(3) NHSA Hannover Sign:Cal Or Des 24 neu Nr. 14 vom Jahr 1417

(4) NHSA Hannover Sign:Cal Or Des 24 neu Nr.17 von 1427

(5) Lit. Bistumsgeschichte Bertram II von 1916, S. 56, Cod. Bev. 313, 50, 51. Cod
Bev.221, 427, Wien Judicialia miscell. H. fasc. 2, und Hildesheim 191.

(6) Hermann Schmidt: Beiträge zur Geschichte der Stadt, der Reichsabtei
und der Kunstwerkstätten Helmarshausen, Lippoldsberg 1981

(7) NHSA Hannover: Sign. Cal Or Des 24 neu Nr.54

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