Monday, January 23, 2012

Die Herren von Rössing ( 1)

Nach Familienüberlieferung leben sie seit 1039 in Rössing, urkundlich bezeugt seit 1132 und heute noch, nach bald 1000 Jahren, ist die Familie an dem Ort ansässig, nach dem sie sich nennt.
Hier hatte die Familie ihren Rittersitz mit Ländereien und gutspflichtigen Leuten. Die Männer standen als Ministeriale in Diensten der Hildesheimer Bischöfe und erhielten von diesen umfangreichen Lehnsbesitz mit zahlreichen zehnt- und dienstpflichtigen Bauern in Rössing und anderen Teilen des Bistums. Die Lehnsgüter wurden im Mittelalter adeligen „Lehnsmannen“ verliehen gegen persönliche, nicht bäuerliche Leistungen, z.B. ritterliche Gefolgschaftsdienste. Sie sollten der Familie ein standesgemäßes Auskommen sichern. Die Herren von Rössing besaßen die Patrimonialgerichtsbarkeit, also die niedere Gerichtsbarkeit „über Haut und Haar", sie hatten das Mühlen-, das licentfreie Braurecht und das Kirchenpatronat, denn nach Überlieferung hatten sie die Kirche St. Peter und Paul auf eigenem Grund und Boden um 1290 gestiftet.

Ein Dorf zwischen zwei Rivalen

Die Geschichte Rössings ist geprägt von seiner Lage an der westlichen Grenze des Fürstbistums Hildesheim. An der Leine saßen die welfischen Herzöge, die noch nie zimperlich waren, wenn es darum ging, ihre Machtposition auszubauen, auf ihrer 1290 dort provokativ errichteten Feste Calenberg. Bei ihren ständigen Versuchen, ihren Machtbereich gegen die Hildesheimer Bischöfe nach Osten hin zu erweitern und ihre Grenznachbarn, die Herren von Rössing, aus ihren Besitzungen auszukaufen und zu verdrängen, setzt ihnen das selbstbewußte Rittergeschlecht erheblichen Widerstand entgegen, nach dem Wahlspruch:

                             Wer Gott vertraut, brav um sich haut,
                             der hat auf keinen Sand gebaut.


Ritter Lippold III Longus von Rössing

Eine besonders hervorstechende Persönlichkeit in der Geschichte dieser adeligen Familie war Ritter Lippold III Longus von Rössing. Er war ein Mann seiner Zeit, der Zeit der mittelalterlichen Fehden. Die Fehde galt als legitimes Mittel, sein Recht, oder auch nur sein vermeintliches Recht, nach schriftlichem Fehdebrief durchzusetzen.
1331 verpflichtet sich Lippold III schriftlich für fünf Jahre dem Rat der Stadt Hildesheim zum Kriegsdienst mit Knechten und Pferden, mit Rüstungen und Waffen. Dafür muß ihm die Stadt jährlich 100 lötige Mark zahlen. Sollte er gefangen werden, muß die Stadt für ihn das Lösegeld aufbringen.
Am 11. November 1333 fordert Lippold III Longus in einem Beschwerdebrief seinen Anteil an der im Krieg gemachten Beute. Dazu gehört, was Bürger und Ritter bei dem Überfall auf die Dammstadt in der Weihnachtsnacht 1332 erbeutet haben, dem schwärzesten Blatt der Hildesheimer Stadtgeschichte: Erwachsene wie Kinder, und auch der Priester waren in der Kirche niedergemetzelt worden.

Lippold  und sein Sohn Geverd errichten 1342 eine Burg, ein festes Haus (Kemenate und Wohnung) in Rössing, wie sie schriftlich versichern müssen: „zum Schutz der Herzöge“. Dem welfischen Herzog Heinrich wird die Burg aber lästig, er zerstört sie 1431 und verbietet den Wiederaufbau. Gestattet werden nur Gebäude für Wohn- und Wirtschaftszwecke.
Lippold III war dreimal verheiratet und gelangte durch eine seiner Heiraten an die „Herrschaft Hohenbüchen“ bei Alfeld, die später veräußert wird. Er war zweifellos ein mächtiger Mann, und um ihn rankt sich die Sage vom Räuber Lippold.


Ehrenvolle Ämter

Die Herren von Rössing sind aber nicht nur Ritter, die Kriegsdienste leisten, sondern. mehrere Familienmitglieder erwerben das hoch angesehene Amt des Domscholasters und werden Leiter der berühmten Hildesheimer Domschule. Andere sind Domherren, und im Jahre 1398 erhalten Siverd und Dietrich von Rössing das erbliche Marschallamt im Bistum Halberstadt, zugleich mit Gütern in Berssel und Suderode. Der Titel Erbmarschall für den Senior der Familie war bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich.
Siverd steigt 1415 zum Kaiserlichen Reichsvoigt der Silberstadt Goslar auf, was sein Ansehen noch erheblich stärkt.

Wenn Herzog Erich d.Ä. den Herren von Rössing 1506 auch das ehrenvolle, erbliche Hofamt des Erbkokenmeisters (Erbküchenmeisters) mit all seinen Einkünften verleiht, so sind die von Rössing doch selten in hannoverschen Diensten zu finden, sondern engagieren sich lieber in Kurbrandenburg und Preußen, wo sie Offiziere werden oder in hohe Staatsstellungen aufsteigen.

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